Auf ewig mein?
Ich könnte nicht behaupten, dass es mir nennenswert leidtun würde, aber – Da müsst Ihr jetzt durch, liebe Leser! In diesem Lenkeinfluss dreht sich, wie im letzten Teil bereits angekündigt, alles nur um mich. Gut, der Großteil von euch hat spätestens jetzt weggeklickt. Verständlich. Also pass gut auf, Oma:
In Sachen Altautos bin ich kein Sammler. Seit 2002 liebe ich es, alte Kisten zu suchen, zu finden, zu begutachten, Probe zu fahren, zu kaufen und sie mir so zu richten, wie ich sie will. Und wenn es nur das Entfernen hässlicher Nummerntafelhalter oder unzähliger Aufkleber auf der Heckscheibe ist. Wenn ich sie dann so habe, wie ich sie wollte – gut gewartet, schön gepflegt, von Kitsch befreit und vor allem Original – fahr ich sie stolz und mit Begeisterung. Und dann, nach einem Jahr oder auch mehr, geb´ ich sie auch gerne wieder her. Schließlich wartet eine andere Kiste drauf, gesucht, gefunden, begutachtet, Probe gefahren, gekauft, an meinen Geschmack angepasst und erfahren zu werden.
Aber irgendetwas ist da in den letzten Jahren passiert. Mit mir? Mit dem heimischen Youngtimer-Markt? Das beste Beispiel für den schleichenden Wandel ist mein 87er Pajero. Genau, der grüne Landesjägermeister. Gekauft hab ich ihn Anfang 2013, weil der Zustand so bestechend war. Und jetzt – sechs Jahre später – ist er immer noch bei mir. Von Verkaufen kann keine Rede sein. Warum? Weil sich die Zeiten geändert haben. Während wir in unseren Köpfen jung geblieben sind, ist die Zeit unbarmherzig schnell vergangen. Noch vor zehn Jahren hab ich passable Pajero L040 auf Ebay ersteigert oder zufällig neben der Straße aufgelesen. Auch die Gebrauchtwagenbörsen waren voll damit. Alles vorbei. Übrig geblieben sind die Baustellen mit massiven Mängellisten zum Schlachten oder als Großprojekt. Und die halbwegs guten Exemplare, die es selten aber doch noch gibt, kosten mittlerweile das Dreifache von damals.
Und noch ein Punkt sorgt dafür, dass mir der grüne Klotz wohl auf ewig bleiben wird: Die Zeiten haben sich zwar verändert, die Absichten der potentiellen Käufer aber nicht. Immer noch höre ich – 29 Jahre nach Produktionsende der Baureihe, 32 Jahre nach Erstzulassung des Fahrzeugs – von vielen Autospinnern Sätze wie „Naja, als Winterauto wäre der schon cool“, „Man müsste nur die Innenausstattung raus reißen, dann könnte man damit schon was anfangen“ oder „Ich würd ihn für das Pothole-Rodeo nehmen“. Dann frag ich mich eines: Wozu – verdammt noch einmal – hat der Erstbesitzer auf diese Kiste ganze 26 Jahre lang pedantisch aufgepasst? Wozu – verdammt noch einmal – hab auch ich die letzten 6 Jahre jede Schotterstraße, jedes Gramm Streusalz und jeden Regenschauer von der Kiste ferngehalten? Um sie jetzt für wenig Geld einem Ignoranten zu verkaufen, der sie als Winterauto, Balkanrodeo-Gurke oder Werkstattauto für Fuglau niederreißt? Sicher nicht!
Die Welt ist böse, da draußen vor dem Garagentor! Und die Willhaben-Meute schläft nie. Also bleibst du wohl auf ewig mein, alter Haudegen. Auch wenn es eigentlich gar nie so gedacht war.
Lukas
P.S.: Noch einen Punkt gibt es, den ich bisher nicht erwähnt habe. Das folgt in der nächsten Folge „Lenkeinfluss“. Bleibt neugierig!
Seit 2008 als Motor-Journalist, Autor & Texter in der Szene aktiv. Sein Kaufverhalten gilt als promiskuitiv, seine Autos wechseln häufig. Vom Buick über den Mercedes-Benz und einigen Subarus bis hin zum Volvo war schon alles dabei. Nur der grüne Pajero, der bleibt! Auch macht es ihm großen Spaß, von sich in der dritten Person zu schreiben.