Carspotting auf den Straßen von Graz

Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Meine bisherigen Grazer Streifzüge haben meist im Herbst oder Winter stattgefunden. Angenehme Außentemperaturen mit milder Witterung, Tage, an denen es einen einfach hinauszieht, um etwas zu unternehmen, wo man gerne herumstreunt und ein paar Bilder schießt. Dieses mal habe ich mir einen sonnig heißen Sonntagvormittag ausgesucht und bin mit dem Fahrrad los.

Mein vor mehr als einem Jahrzehnt auf einem Fetzenmarkt (Flohmarkt) einer südsteirischen freiwilligen Feuerwehr, um heiße 12 Euro erstandenes Puch Clubman Fahrrad, ist der ideale Wegbegleiter für solche Stadttouren. Damit hat man keine Parkplatzsorgen und muss auch nicht in ständiger Angst leben, dass einem das gut patinierte Radl gestohlen wird, wenn man es ohne Schloss für ein paar Minuten an einen Zaun lehnt, um einen Fahrzeugfund am Straßenrand erkundet.

 

 

Nachdem es so gut wie keine Fahrzeughändler mehr gibt, die mein bevorzugtes fotografisches Beuteschema handeln, muss man sich auf den Straßen nach den Old- und Youngtimern umsehen, die ich euch so gerne im Blog und auf der Facebookseite präsentiere. Mit diesem Beitrag will ich mal wieder den Grundgedanken dieses Blogs hochleben lassen, die gut gereiften Fahrzeuge zu zeigen, die noch da draußen auf unseren Straßen unterwegs sind und einen ein wenig in Nostalgie schwelgen lassen.

Erster Stopp meiner Carspotting-Tour ist nicht weit von einem Nahverkehrsknoten entfernt, wo man die Möglichkeit hat, auf Bus oder S-Bahn umzusteigen. Noch dazu sind die umliegenden Gassen noch keine Kurzparkzone, sprich man kann gratis parken. Diese Straßenzüge werden gerne genutzt von oft weit gereisten Verkehrsteilnehmern, denn die wenigen P&R-Parkplätze im Grazer Raum sind hoffnungslos überfüllt. In diesen kurparkzonenfreien Gassen findet man dann oft Fahrzeuge aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland, die dieses Angebot gerne ausnützen, dafür aber den Anrainern das Leben schwer machen und wertvollen Parkraum vor der eigenen Haustüre belegen.

Bieder hoch²: Skoda Fabia Stufenheck
Während sich bei uns der Fabia I als Fünftürer und Kombi in der Poloklasse wie geschnitten Brot verkaufte, wollte das Stufenheck so gut wie keiner haben. Ganz anders war das im benachbarten Ausland; besonders in den Ländern des ehemaligen Ostblocks war die Limousinenform, auch als Kleinwagen, äußerst beliebt. 2007 löste der Fabia II die erste Modellgeneration ab, damit war auch das biedere Stufenheck aus dem Portfolio verschwunden.

 

 

Mit der Oberklasse ins Gelände: Opel Monterey
Für den gutsituierten Waidmann drängte Anfang der 90er auch Opel in das Geländewagensegment. Nach der Markteinführung des kompakteren Frontera im Jahr 1991, enterte 1992 der Monterey die Oberklasse. Als Drei- und Fünftürer, mit Benzin- und Dieselmotoren und mit bis zu sieben Sitzen punktete der Monterey. Dieses Exemplar dürfte wohl einer Einsatzorganisation angehört haben, wenn man die abgedunkelten Signallichter am Auto beachtet. Im Straßenbild war der große Opel kaum auszumachen, deswegen ist es umso erfreulicher, wenn man nach über 30 Jahren nach der Markteinführung noch so ein gepflegtes Exemplar antrifft.

 

 

Ich mache Meter, trete gemütlich in die Pedale, sehe noch am Karlauerplatz vorbei, wo ich schon des Öfteren den Bitter Insignia Sports Tourer gesichtet habe, einen von 18 veredelten Insignias, leider finde ich ihn dort nicht an.

Heckmeck: Peugeot 306 Stufenheck
Noch so eine Stufenhecklimousine! Jetzt eine Nummer größer und in der Golfklasse beheimatet. Auch hier sah man bei uns relativ wenige Limos, viel mehr von den drei- und fünftürigen Hatchbacks. Dazu gab es einen Kombi und ein hinreißend schönes Cabriolet als Karosserievarianten, gezeichnet von Pininfarina, das letzte schöne Cabriolet von Peugeot. Danach kamen nur noch diese Klappdachgeschwülste mit schrecklichen Proportionen, wo man sich mit Grauen abwendet.

 

 

Made in Graz: VW T3 Syncro
T3s waren vor gar nicht geraumer Zeit noch allgegenwärtig im Straßenbild, scheinbar sind die guten Exemplare mittlerweile in liebenden und pflegenden Händen gelandet und müssen nicht mehr täglich bei jeder Witterung ran. Wie bei allen Bus-Baureihen von Volkswagen kennt das Preisbarometer nur eine Richtung: Steil nach oben. Darum freue ich mich, dass ich auf der anderen Murseite, mitten in den Häuserschluchten, einen in Graz gebauten T3 Syncro antreffe. Der ist keine Taschentuch-gepflegte Perle, aber mit feiner Patina scheinbar noch regelmäßig im Einsatz.

 

 

Das Raumschiff: Renault Espace 
Diese Bezeichnung passt eigentlich besser zum Ur-Espace, der uns in den frühen 80ern klarmachte, dass es auch noch andere Raumwunder außer Kleinbusse vom Schlage eines VW-Busses oder Ford Transit gab, um mal die gängigsten zu nennen.

Diese zweite Serie des Espace, die ab 1991 angeboten wurde, ist mir gut vertraut, fuhr doch mein Lehrherr so ein Exemplar in genau derselben Farbe, nur nicht mit so schicken Felgen. Der wöchentliche Einkauf vom Großmarkt für einen Landgasthof am Grazer Stadtrand passt bei umgeklappten Sitzen locker hinein.

 

 

Guigaros Diesel: Alfa Romeo 156 JTD
Schräg gegenüber vom Espace parkte der modellgepflegte 156er, den ich fast links liegen gelassen hätte. Das liegt wohl daran, dass die Faceliftvariante heute immer noch sehr modern wirkt. Dabei ist der 156er bereits 1997 auf unseren Straßen äußerst positiv aufgefallen, auch die von Giorgetto Guigaro überarbeitete Version ist wenigstens 19 Jahre alt. Noch ein wenig unnützes Wissen: 1998 wurde der Alfa Romeo 156 Car of the Year.

Der JTD-Motor mit 1,9 oder 2,4 Litern Hubraum war der erste Wagen mit Dieselmotor mit Common-Rail-Einspritzung. Könnte ich wählen, würde es wohl eher ein Vorfaceliftmodell als formvollendeter Kombi, namens Sportwagon, werden.

 

 

Früher Koreaner: Hyundai Accent
Nichts, nachdem man sich umdreht, wäre da nicht diese Farbe! Der grellgelbe Hyundai Accent ist auch ein Survivor aus den frühen Jahren koreanischer Hersteller, die ab Mitte der 1990er auf den heimischen Markt drängten. Eindeutig gefälliger und moderner als der ebenfalls aus Korea stammende Daewoo Nexia, der vereinfacht gesagt ein großes Facelift des in Lizenz produzierten Opel Kadett E war. Er war auch deutlich hübscher und moderner als sein Vorgänger, der Hyundai Pony, der auch hierzulande angeboten wurde. Mit solider Technik, brauchbarer Serienausstattung und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis grätschten die Koreaner dort in den Markt, wo zwei Jahrzehnte davor die Japaner ihre Nische fanden und einst ebenso von den Carguys belächelt wurden. Aktuell beträgt der Marktanteil von Hyundai 3,4 %, jener von KIA 2,9 % (Stand: Jänner bis Juli 2024) und hat damit bis auf Toyota alle japanischen Hersteller überholt.

Siehe auch: Kia Sephia GTX

 

 

Der ewige Kombi: Volvo 850
Auf einen gut abgehangenen Kombi von Volvo können sich die meisten verständigen, deren Herz ein wenig für Fahrzeuge aus dem rauen Norden Europas schlägt.

Was muss das für ein Fest für Kunden im Jahr 1991 gewesen sein,  wenn man den Volvohändler aufsuchte? Da hatte man die Qual der Wahl aus gleich vier Modellreihen in der oberen Mittelklasse: Den Ziegelstein 240 gab es seit bereits 1974, dessen Nachfolger 740/760 seit 1984; sein Facelift 940/960 war seit einem Jahr am Markt. Der modernste des Quartetts war der 850, eben erst auf den Markt gekommen. Der punktete mit Frontantrieb und einem quer eingebauten Fünfzylindermotor, in der Geschmacksrichtung Benzin und Diesel und scharf mit Turbo.

 

 

Fast&Furious: Mazda MX-3
In den 90ern gab es eine breite Palette an „kleinen“ Coupes. Mazdas Beitrag dazu war der MX-3, der mit einem Vierzylinder und einem V6-Motor mit nur 1,85 Litern Hubraum angeboten wurde. Bei Markteinführung war der V6 der kleinste angebotene Sechszylindermotor weltweit. Vier Sitzplätze, fünf Gänge und bis zu sechs Zylinder, eine gefällige Karosserie und dazu die Mazda-typische gute Serienausstattung; damit konnte man am heiß umkämpften Markt der kompakten Coupes gut mithalten.

2001 erschien der erste Teil der Fast&Furious Filmreihe, die die Hauptdarsteller Vin Diesel und Paul Walker (1973–2013) in den Status von Superstars katapultierte. Mit dem ersten Film schwappte eine Tuningwelle auch über Europa, die besonders viele bei uns bis dahin eher unbekannte japanische Sportwagen aus den 90ern in den Fokus brachte. Auf einmal sah man an jedem Japaner Tuningteile im Fast&Furious Style. Bodykits, Fahrwerke, Felgen, Foliendekor und LSD (Lambo Style Doors) waren plötzlich in Mode.

Modellen wie dem Honda Integra, Toyota AE86, Mazda MX-5, Mitsubishi Eclipse, Honda Civic, Mazda MX-3 und MX-6 usw. wuchsen auf einmal Flügel, grelle Lackierungen, Airride-Fahrwerke, verchromte Felgen und bekamen Rückleuchten im Altezza Klarglas-Stil. Das alles muss einem nicht gefallen, ist aber ein Zeitzeuge der Tuningkultur der Nullerjahre.

 

 

Ganz original: Mazda MX-3
Weil es nicht so extrem enden kann, gibt es als Bonus noch einen absolut naturbelassenen Mazda MX-3, der hier nur ein paar Gassen weiter beheimatet ist. Bewegt wird er von einer Dame, die ihn wohl schon neu gekauft hat. Das blasse gelb kommt im Prospekt gar nicht vor, da sieht man nur einen roten MX-3, der Lust auf mehr machen soll.

 

 

 

Wer mehr Fahrzeuge aus den Straßen von Graz sehen will, dem seien folgen Artikel ans Herz gelegt:

2016 – Streifzug durch das Grazer Univiertel

2017 – Raus mit den Klassikern auf die Straßen!

2018 – Unterwegs auf den Straßen von Graz

2019 – Frühlingsgefühle auf den Straßen

2020 – An einem Sonntag im Mai

2022 – Klassiker auf den Straßen von Graz

2023 – Alltagsklassiker auf den Straßen von Graz 1/2

2023 – Alltagsklassiker auf den Straßen von Graz 2/2

Entdeckt: Sichtungen am Straßenrand bei Watt’n Schrauber

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