Das Mauerblümchen: Kia Sephia GTX
Ich war gerade auf Erkundungstour für das Alltagsklassiker Cruise’n’Grill. Der Startpunkt ist in diesem Jahr das Waldcafé Thalersee, das seit dem Sommer 2022 in komplett neuem Glanz erstrahlt. Der Grind der letzten Jahrzehnte ist neuer erfrischender Architektur gewichen, ebenso sind neue junge Gastronomen mit frischen Ideen eingezogen. Nur das Beste für unsere Teilnehmer.
Gut, jetzt bin ich etwas abgeschweift vom eigentlichen Thema, weswegen ich eben den Laptop aufgeklappt habe. Ich wollte euch eigentlich von meinem Sensationsfund am Parkplatz des Waldcafés erzählen. Gut, werden die einen sagen, was ist am Kia Sephia eine Sensation? Stimmt, er ist weder sexy noch besonders motorisiert, noch ein Meilenstein in der Automobilgeschichte.
Ja aber, wann hast du das letzte Mal einen Kia Sephia auf der Straße, in freier Wildbahn gesehen? Eben!
Deswegen wird es Zeit, einen Blick auf diesen Underdog zu werfen. Der Sephia war Kias Einstieg auf dem europäischen Markt, der Vorbote einer Lawine an Modellen, die sich bis jetzt über uns entlädt. Damals, Mitte der 1990er, haben wir die Koreaner und ihre Fahrzeuge noch milde belächelt und Witze darüber gerissen. Wie 20 Jahre davor über die ersten Japaner, die in homöopathischen Dosen in die Alpenrepublik geschwappt sind. Nach über 50 bzw. 30 Jahren sind beide Nationen zu Recht fest am Automobilmarkt verankert. Darüber lachen mittlerweile nur mehr Schwachköpfe und verblendete Fanboys, für die nur deutsche Autos das Nonplusultra sind.
Optisch waren die ersten Koreaner noch recht verhalten gestylt, nur nicht zu weit raus lehnen aus dem Fenster war wohl das Credo der Designer. Hyundai, Daewoo und Ssanyong waren die Türöffner am österreichischen Markt, bevor Kia seine Fahrzeuge hierzulande präsentierte. Das Preis-Leistungs-Verhältnis war natürlich sehr gut, im Januar 1996 standen S 155.900.- (rund 11.300 Euro) am Preiszettel des GTX Stufenheck. Das Basismodell SLX war mit S 139.000.- ( rund 10.100 Euro) wesentlich günstiger eingepreist, beim nackten VW Vento CL, mit 55 kW, begann die Preisliste bei S 206.710.- (rund 15.020 Euro).
Der Sephia der ersten Modellgeneration ist der erste Kia, dessen Chassis selbstständig im Konzern entwickelt wurde. Technisch war der Sephia teilweise weitschichtig mit dem Mazda 323 BG verwandt, der 1,8 Liter-Motor wurde in Lizenz von den Japanern produziert. Der hauseigene 1,6-Liter-Motor des GTX mit 80PS reichte auch schon für ausreichenden Vortrieb. Die Ausstattung beim GTX war mit elektrischen Fensterhebern und Spiegeln, Zentralverriegelung sowie Servolenkung vollwertig für die späten 90er. Als kostenpflichtige Extras konnte man noch Klimaanlage, Vierstufenautomatik sowie diverse Lackfarben am Bestellformular ankreuzen. 472.920 Kunden weltweit setzten ihre Unterschrift auf einen Kaufvertrag.
Doch wofür steht eigentlich Sephia?
Style
Elegant
Powerful
Hightech
Ideal
Auto
Mein persönlicher Sephia-Moment geht zurück auf die „James“ betitelte ÖAMTC-Fahrsicherheitsaktion für junge Autofahrer im Alter zwischen 20 und 28 Jahren in den späten 90ern. Österreichweit konnte man in den Fahrsicherheitszentren des Automobilclubs, gratis ein Fahrsicherheitstraining absolvieren. Als Steirer war damals das brandneue Zentrum am A1 Ring, heute Red Bull Ring, ganz früher mal Österreichring in Spielberg, die nächste Möglichkeit dabei zu sein.
Neben dem eigenen Auto konnten man jeweils das Fahrzeug des Sponsors testen. Im ersten Jahr meiner Teilnahme war das eben ein nagelneuer Kia Sephia in weinrotmica. Im zweiten Jahr die neue A-Klasse – ganz ohne Elchtest-Moment. Zusätzlich zum Fahrtechniktraining gab es auch Geschicklichkeitswettbewerbe. Der Hauptgewinn war jeweils das Automodell, mit dem man in diesem Jahr trainiert hatte. Mir ging es da ja eher um den Spaß und das Training im Fahrsicherheitszentrum, als um den Hauptgewinn. Denn in einem Mauerblümchen wie dem Kia Sephia wollte ich mich damals nicht sehen lassen, weil ich spitzte da schon auf einen MX-5 NA.
Mehr über den Sephia findest du im informativen Video von Autommybil in der ersten Folge von KdkSk – Kias die keine Sau kennt.
Gründer von Alltagsklassiker, mit großer Schwäche für gut gereifte japanische Fahrzeuge, Prospekte und Modellautos; Fotograf, Leseratte, bewegt Mazda MX-5 NA V-Special, Mazda 818 Sedan de Luxe, Puch Clubman und Puch Maxi L.