Der ideale Youngtimer: KIA Opirus
Der ideale Youngtimer – ein KIA? Das kann doch nicht wirklich sein Ernst sein. Oder doch?
Das Jahr 2003 war gefühlt vorgestern. Ein paar Mal haben wir seither schon geschlafen, aber so wirklich lang ist das nicht her. Oder doch? 2003, das war vor 17 Jahren. Junge Autofahrer, die heute mit L17-Taferl unterwegs sind, wurden damals erst geboren oder waren noch gar nicht auf der Welt. Heute sind sie junge Erwachsene mit dem Recht zu wählen, mit eigenen Meinungen und Wünschen, teilweise sogar schon mit eigenen Berufen. Arge Sache. Gut, die meisten Autos von 2003 sind schon alte Gebrauchte, aber als Youngtimer werden sie noch nicht wahrgenommen. Sind sie doch noch immer relativ häufig im Straßenbild vertreten. Aber wann habt ihr das letzte Mal einen KIA Opirus gesehen? Genau, und deshalb hat er sich den Titel des idealen Youngtimers verdient. Vereint er doch alle positiven Merkmale eines modernen Alltagsautos mit einer ordentlichen Prise Youngtimer-Würze.
Der Opirus war KIAs erster und letzter Versuch, in der gehobenen Mittelklasse Europas Fuß zu fassen. Und wären sie in Sachen Design einen mainstreamigeren Weg gegangen, hätte das auch klappen können. Denn der Opirus war durchaus ein ernstzunehmender Kandidat im Rennen um komfortbewusste Käufer. Die einzige Maschine, die es hierzulande gab, war ein seidenweich laufender 3,5 Liter V6-Benziner mit 203PS, gekoppelt an eine 5-Stufen-Automatik. Diese Kombination kommt gerade bei den heimischen Steuer- und Versicherungseinstufungen ziemlich teuer und stempelt den Opirus von Anfang an zum Außenseiter für Menschen mit dem etwas anderen Geschmack. Grundsätzlich spricht aber nichts gegen diese Antriebseinheit. Stammt sie doch, wie die mit Hyundai geteilte Bodengruppe, in direkter Linie von Hyundais Partnerschaft mit Mitsubishi ab. Erst die ab dem großen Facelift 2007 verbaute 3.8 Liter-Maschine mit 267PS war eine Eigenentwicklung von Hyundai/KIA. Aufgrund der noch einmal deutlich teureren Steuer und Versicherung fand der Facelift-Opirus seine Kunden aber fast nur noch in Diplomatenkreisen. Und weil er noch ein paar Jahre jünger ist, spielt das Facelift auch hier bei uns keine Rolle.
So selten war der große KIA aber gar nicht. Vor allem in den ersten Jahren schlugen gar nicht so wenige, größtenteils betagte Kunden zu. Denn er war mit einem Listenpreis von etwa 40.000€ relativ günstig zu haben. Bot dank der großen Maschine einen erhabenen Antriebskomfort und war bereits ab Werk voll ausgestattet. Und aufgrund des fehlenden Emblems an der Front wusste auch der Nachbar nicht, ob da jetzt ein Jaguar S-Type, ein Lincoln TownCar oder doch eine W210er E-Klasse mit Frontschaden vor der Haustür stand. Am Heck klebte das KIA-Emblem samt Schriftzug, aber das war schnell entfernt. Et voilá, keiner weiß mehr, was da vor ihm fährt.
Mittlerweile sind die Erstbesitzer verstorben oder fahren längst SUV und Gebrauchtwagenkäufer derblasen die hohen Unterhaltskosten der 203PS und die 12 Liter Verbrauch nicht. Daher hält sich die Nachfrage nach dem dicken Brummer in engsten Grenzen. Nur der Export, insbesondere in Richtung Osteuropa, schlägt ganz gern zu, wenn hierzulande ein Opirus in den gängigen Gebrauchtwagen-Börsen auftaucht. Doch was spricht eigentlich gegen das Ding als cooler Alltags-Youngtimer und Hingucker vor der Garage? Um wenige Tausend Euro gibt’s nicht nur Leistung, sondern auch Sicherheit und Luxus. Sechs Airbags, Klimaautomatik, elektrisch verstellbare und belüftete Ledersitze, Sitzheizung vorne und hinten, elektrisch verstellbares Lenkrad, Tempomat und allerhand andere Nettigkeiten sind je nach Modelljahr part of the game. Und bis einen der Opirus insgesamt so viel gekostet hat wie ein neues Polo-Kassengestell vom Volkswagen-Tandler, kann man viele Jahre individuelle Fortbewegung genießen.
Was sind das für Leute, die hierzulande einen Opirus fahren? Es dürfte sich um die gleiche Kundschaft handeln, die in den 80er Datsun Laurel oder Toyota Crown und in den 90ern Buick Park Avenue oder Pontiac Bonneville gefahren hat. Klingt doch cool, oder etwa nicht? Zuschlagen, solange es sie noch gibt. Lang wird das nicht mehr der Fall sein.
Lukas
Bilder: Kia und Lukas Wieringer
Seit 2008 als Motor-Journalist, Autor & Texter in der Szene aktiv. Sein Kaufverhalten gilt als promiskuitiv, seine Autos wechseln häufig. Vom Buick über den Mercedes-Benz und einigen Subarus bis hin zum Volvo war schon alles dabei. Nur der grüne Pajero, der bleibt! Auch macht es ihm großen Spaß, von sich in der dritten Person zu schreiben.
Ich find den Opirus auch edel. Besonders in schwarz schaut er richtig elegant aus. Der Innenraum ist auch schön, vor allem im Vergleich zu den damaligen Cockpitdesigns… Bei einem Händler in meiner Nähe gabs sogar 2 davon im Angebot. Der brauchte über 1 Jahr, bis der die weg hatte. Hab mir vor ein paar Jahren auch überlegt dieses Schiff zuzulegen. Aber wie schon im Text richtig gesagt, die Unterhalts- und Versicherungskosten sind enorm… Schade für das Auto….