Der „Klassiker“ als Mainstream-Phänomen
Wir glauben ja alle, dass wir mit Klassikern unterwegs sind. Egal wie schäbig unsere Letzthand-Gurke rüberkommt – solange wir stolz drauf sind, ist es für uns ein Klassiker. Wenn wir unsere rosaroten Brillen runternehmen, stellen wir aber fest, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen einem „Klassiker“ und einem „alten Auto“ gibt. Zumindest in einer Welt, die vom Mainstream-Geschmack regiert wird.
Denn ein „Klassiker“ ist primär ein Mainstream-Phänomen. In der Regel verzehren sich schon beim Händler Leute nach ihm, die nicht solvent genug sind, ihn sich kaufen zu können. Wenn er dann altert, bilden sich Clubs und Interessensgemeinschaften. Auf ihn spezialisierte Ersatzteilhändler lassen Teile nachfertigen. Regelmäßig taucht er in Oldtimer-Zeitschriften auf, wird dort gehypt. Auf Treffen erzählen sich Besucher mehr oder weniger der Wahrheit entsprechende Anekdoten über das Modell. Selbst Kinder kennen ihn, weil er selbst in Kindersendungen vorkommt. Augen leuchten, jeder will ihn haben. Damals wie heute. Der Alfa Spider (1966-93) ist so einer.
An so manchen Helden des Alltags aber geht der Ruhm vorüber. Sie sind weit verbreitet und trotzdem nimmt niemand von ihnen Notiz. Keiner schmachtet sie im Schauraum an, sondern kauft sie halt, weil Vernunft ganz oben auf dem Zettel steht. Sie begleiten und erleichtern den Alltag, aber Clubs stolzer Besitzer gibt es nicht. Auch Oldtimer-Magazine erwähnen sie mit keiner Zeile. Auf Treffen tauchen sie nicht auf, weil es schlichtweg niemand für nötig gehalten hat, sie aufzubewahren. Die einzige Parallele zum Klassiker sind die Anekdoten, die man sich erzählen kann. Nur leuchten dabei meist nicht die Augen. Egal wie alt sie werden, sie werden nie „Klassiker“, sondern bleiben immer nur „alte Autos“. Der Toyota Carina TA40 Kombi ist so einer.
Vielleicht ist der Begriff „Oldtimer“ dem allgegenwärtigen „Klassiker“ vorzuziehen. Denn ein Oldtimer bist du laut dem Gesetzgeber mit 30 Jahren in jedem Fall. Egal, ob du es zum Klassiker gebracht hast oder nicht.
Seit 2008 als Motor-Journalist, Autor & Texter in der Szene aktiv. Sein Kaufverhalten gilt als promiskuitiv, seine Autos wechseln häufig. Vom Buick über den Mercedes-Benz und einigen Subarus bis hin zum Volvo war schon alles dabei. Nur der grüne Pajero, der bleibt! Auch macht es ihm großen Spaß, von sich in der dritten Person zu schreiben.