Fuhrpark Historie: Ford Fiesta 1.0 L – Es ist nicht alles gold was glänzt

Am 18. August 2006 war ich mit dem Ebay-Auktionsende plötzlich Besitzer meines zweiten klassischen Ford nach dem Granada. Doch wie kam es dazu? Nach dem, aus jetziger Sicht, voreiligen Verkauf des Granada im Frühjahr 2005 an Harald, wurde mit der Zeit die Sehnsucht nach einem alten Gefährt wieder groß und größer. So suchte ich nebenbei was der Markt so hergab, online, in den damals noch gedruckten Kleinanzeigen und was einem durch Mundpropaganda so angeboten wurde. Auch auf Ebay konnte man noch brauchbares zu vertretbaren Preisen finden.

 

 

Irgendwann im Sommer 2006 ploppte im weltweiten Auktionshaus dann ein Ford Fiesta 1.0 L auf. Die Erstzulassung des deutschen Kleinwagens erfolgte 1978, der Wagen stand in Graz und machte einen soliden Eindruck. Außen war er in güldenen Lack getüncht, innen bestach er durch Sitzbezüge im Pepitamuster. Kopfstützen und Türtaschen hatte der 78er auch schon, ebenso einen zweiten Außenspiegel, mehr an Luxus die das L in der Modellbezeichnung versprach aber auch nicht. Der Chrom glänzte, keine 80.000 Kilometer hatte der Zwerg bisher gelaufen, das Startgebot lag bei € 499. Ein gültiges § 57a Gutachten (Pickerl) hatte er auch, also ein Grund den Wagen auf die Beobachtungsliste zu setzen und sich weiter umzusehen.

 

 

Was mich nicht sofort ein Gebot abgeben ließ, waren die doch wenig Fahrspaß versprechenden 45 Ponys, die der Motor aus 957cm³ auf die 12 Zoll kleinen Räder losließ. Wobei das ja schon die hoch verdichtete Version des 1 Liter Motors war, der niedriger verdichtete hatte nur 40PS. Knapp vor Auktionsende gab es immer noch keine Gebote, so gab ich generöse 501 Euro als mein Limit ein. Wenn es sein soll, dann soll es so sein, wenn nicht ist es auch kein großer Verlust.

So kam ich zu meinem zweiten Youngtimer, ohne viel Risiko und ohne viel nachzudenken. Die junge Frau, die den kleinen Ford abgab, war mit dem Studium fertig und war nun bereit, all ihr hart verdientes Geld einer Leasingfirma in den Rachen zu werfen, um einen Neuwagen zu fahren. Jeder wie er mag. So ging es mittels blauer Werkstattkennzeichen, die man sich damals auch noch problemlos borgen konnte, heimwärts und dann gleich zur Versicherung um den güldenen anzumelden. Wie erwartet, war er kein Ausbund an Drehfreude und Spritzigkeit, nicht zu vergleichen wie etwa ein Fiat 127, der in derselben Leistungsklasse daheim war, aber mittels Drehzahl und Wahnsinn zu ganz anderem Fahrspaß verhalf. Meine Beziehung zum Fiesta habe ich auch schon an anderer Stelle erläutert.

 

 

So fand ich, wieder mit altem Mobil unterm Arsch, auch gleich Anschluss bei den Altblechjungs, einer frisch gegründeten Plattform für alternative Fortbewegung mit reifen Fahrzeugen. Abseits der klassischen konservativen Oldtimerclubs, war man mit einem wenigstens 20 Jahre alten Auto, Moped oder Motorrad, herzlich willkommen im neuen Forum. Man kann den Herren Martin Laukhardt, Robert Goditsch und Rene Walter gar nicht genug danken, was sie für die steirische Szene geleistet haben. Daraus entwickelten sich nicht nur viele Freundschaften, auch Alltagsklassiker hat dort seinen Ursprung. In der Forumsrubrik Straßenstrich konnte man seine Sichtungen von Klassikern posten. Meine Mazda MX-5 Aktivitäten und meine dazugehörige Webseite, lagen gerade etwas darnieder, so hatte ich Lust und Zeit für ein frisches Projekt. Nachdem ich es bei solchen Dingen gerne übertreibe, wurde es mir zum Sport, auch hier in die vollen zu gehen und hauptsächlich das Grazer Straßenbild jener Zeit festzuhalten.

 

 

Gemächlich ging es mit dem Fiesta 1.0 L vorwärts, er durfte sich wochentags als Daily Driver am Weg zur Arbeit beweisen, genauso wie am Wochenende am Oldtimertreffen glänzen, was ihm im goldenen Lackkleid nicht schwerfiel. War schon der Granada mit Automatik kein Beschleunigungswunder, so konnte der Fiesta das locker toppen. Stieg man nicht direkt vom agilen MX-5 direkt um in den Fiesta, war es erträglich, sonst sah man sich unwillkürlich nach der angezogenen Handbremse um.

 

 

2007 kontaktierte mich der Mazdahändler meines Vertrauens und bot mir einen Mazda 323 BD2 aus Erstbesitz an, auch eine Geschichte die hier noch erzählt gehört. Nach dem Kauf des 323 und dessen Aktivierung, war der Fiesta fehl am Platz. Emotional band mich wenig an den Fiesta, er konnte freien Herzens weiterziehen. Folglich wurden hübsche Fotos für den Verkauf angefertigt und der kleine goldene durfte weiterziehen. Via Ebay bot ich ihn zum Verkauf an und der Meistbietende stammte aus dem hohen Norden Deutschlands. Die erwarteten Probleme aufgrund der doch beträchtlichen Entfernung blieben aus, eines Tages stand der gute Mann samt Gattin mit dem Autotransportanhänger wirklich vor der Türe. Ein Kaufvertrag war schnell ausgefüllt, der Kaufpreis wurde mir ausgehändigt und der Fiesta zog gen Norden davon. Dort sollte er ein neues Leben bekommen und von Grund auf restauriert werden, denn schon der Großvater des neuen Besitzers besaß einen Fiesta und aus nostalgischen Gründen musste jetzt ein Fiesta in den Fuhrpark. Wie das halt so ist und einen in einem gewissen Alter sentimentale Gründe dazu bringen, ein paar Tausend Kilometer zu fahren, um einen nicht mehr taufrischen Kleinwagen zu kaufen, um Erinnerungen an längst vergangene Tage wiederzubeleben.

 

Die Bilder gibt es nur mehr in kleiner Auflösung, deswegen bitte ich um Nachsicht was die Qualität betrifft.

Titelbild: InspiredImages/Pixabay

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