Lenkeinfluss Spezial – Geschichten aus dem richtigen Leben Teil 2
Die zweite Geschichte aus dem richtigen Leben hat sich genau so und nicht anders zugetragen. Damals waren die Lokale gut besucht, alle Geschäfte geöffnet und euer Lieblingsautor jung. Gut, zumindest jünger als jetzt. Ist ja auch schon was. Aber zurück zum Thema.
Schauplatz Mürztal in der Steiermark, ein Donnerstag Anfang März 2015. Die B116 zwischen den beiden Kapfenberger Stadtteilen Schirmitzbühel und Hafendorf. Ich sitze in meinem 89er Pajero und genieße die ausgezeichnete Heizleistung des mit drei Litern Hubraum gar nicht so großen Sechszylinders. Denn es ist kalt, auch wenn kein Schnee mehr liegt. Kurz vor der Ortseinfahrt nach Kapfenberg-Hafendorf, ich schalte gerade zurück in den vierten Gang bei Reisetempo Tacho 80, reißt es mich. Die hohe und sehr aufrechte Sitzposition im klassischen Geländewagen sorgt für einen guten Ausblick über die Leitschiene, unter anderem auch auf den Hof eines lokalen Autoverwertungs- und Abschleppunternehmens. Dort unten, einige Meter unter dem Niveau der Bundesstraße auf dem Autosammelplatz, steht ein… Nein, das gibt’s nicht! Das kann nicht sein. Oder doch? Der Heinweg muss warten, beim Kreisverkehr gleich scharf rechts. Sofort hin, bloß keine Zeit vertrödeln. Und wirklich. Ich hab mich nicht getäuscht. Da steht tatsächlich ein Subaru 1800 4WD Hatchback. Mit ausgebranntem Innenraum. Pfoah…
Schnell ein Foto gemacht, sonst glaubt mir das kein Mensch. Denn 30 Jahre nach Ablösung der zweiten Generation des Subaru Leone taucht nur noch ausgesprochen selten ein überlebendes Exemplar auf. Zumindest außerhalb der größten heimischen Leone-Sammlung in Oberösterreich. Aber warum ist das Ding ausgebrannt? Und wie hier gelandet? Der erste Griff, noch vor dem Tor der Autoverwertung im Pajero sitzend, geht zum Handy. Ein Freund, der gar nicht so weit weg eine kleine, aber sehr feine Subaru-Sammlung beherbergt, muss diese Neuigkeit als Erster erfahren. Und er ist Feuer und Flamme. Wir verabreden uns wenige Tage später für einen Besichtigungs- und Ausschlachttermin, falls noch etwas zu gebrauchen sein sollte. Die Reaktion des Verwerters fällt ausgesprochen überrascht aus. Wer interessiert sich schon für einen 31 Jahre alten, rostigen Japaner mit Brandschaden? In der Regel niemand, schon gar nicht in der Steiermark. Aber er ist sehr nett und hilfsbereit, stellt sogar einen Stapler in Aussicht. Guter Mann!
Am darauf folgenden Dienstag ist es soweit. Mittlerweile ist Mitte März, das Wetter spielt mit und es ist frühlingshaft mild. Zumindest in der Sonne. Die ersten Vögel zwitschern und freuen sich über den Sonnenschein. Und die Belegschaft des Verwertungsunternehmens freut sich über die Abwechslung vom Alltag. Zwei Altjapaner-Spinner, die aufgeregt um einen Rosthaufen hüpfen und es gar nicht erwarten können, bis der Stapler den rollenden Brandschaden endlich auf eine humane Arbeitshöhe anhebt. Und wirklich. Es findet sich ein vor gar nicht allzu langer Zeit erneuerter Einfüllstutzen am gar nicht mal so rostigen Tank. Die vordere Stoßstange ist tipptopp und ein paar andere Kleinigkeiten technischer Natur werden auch noch ausgebaut. Mit tatkräftiger Hilfe der immer noch sehr amüsierten Belegschaft. Nach dem langen Winter macht die Schrauberei im Freien so richtig Spaß. Aber was ist mit dem armen Ding eigentlich passiert?
Nach einigen Wochen Recherche finden sich Bilder einer Feuerwehr-Übung, bei der dieser Hatchback mit Hilfe eines Brandbeschleunigers im Innenraum abgefackelt wurde. Als Übung für die Feuerwehrjugend. Na super. Aber zumindest ist nicht alles verloren.
Jetzt ist es April 2020, die Welt sieht zumindest temporär und bis auf weiteres vollkommen anders aus als damals, ich wohn mittlerweile schon wieder einige Jahre in der Steiermark und die Teile vom Feuerwehr-Hatchback sind immer noch gut gelagert. Ob heute, fünf Jahre später immer noch jemand auf die Idee kommen würde, einen heute schon 36 Jahre alten Oldtimer als Übungsobjekt der Feuerwehr-Jugend zu benutzen? Apropos Oldtimer…
…aber das ist eine andere Lenkeinfluss Spezial – Geschichten aus dem richtigen Leben.
Lukas
Seit 2008 als Motor-Journalist, Autor & Texter in der Szene aktiv. Sein Kaufverhalten gilt als promiskuitiv, seine Autos wechseln häufig. Vom Buick über den Mercedes-Benz und einigen Subarus bis hin zum Volvo war schon alles dabei. Nur der grüne Pajero, der bleibt! Auch macht es ihm großen Spaß, von sich in der dritten Person zu schreiben.