Puch Werk II – im Wandel der Zeit

Graz und Puch sind unzertrennlich verbunden, das Leben und Wirken des Firmengründers, der im heutigen Slowenien geborenen Janez Puh – eingedeutscht Johann Puch, füllt mehrere Bücher in meinem Regal. Das neueste Nachschlagewerk “Puch – Werk II, Im Wandel der Zeit“, stammt vom ehemaligen Puchianer Erich Mayer, selbst langjähriger Personalchef des Werkes Thondorf und somit ein profunder Kenner der Materie. Mayer zeichnet den Weg der Marke Puch seit Anbeginn nach, wobei das Hauptaugenmerk der Publikation natürlich dem namensgebende Werk II, im Volksmund bis heute des “Puchwerk“, gilt. Das Buch fasst viele bisher auf mehrere Publikationen verteilte Informationen zusammen und wurde ergänzt durch viele bisher unveröffentlichte Fakten.

Ein kleiner Vorgeschmack auf den Inhalt des Buches und den Werdegang des Werk II im Schnelldurchlauf:

Eine äußerst wechselhafte Geschichte ist es, die das Werk II bisher durchlebte, seit seiner Grundsteinlegung im Jahre 1941. Vorrangig wurde das Werk Thondorf dafür ausgelegt, um in den Wirren des zweiten Weltkrieges, die Flugmotorenproduktion des deutschen Reiches zu erhöhen. Ab Sommer 1942 wurde die Produktion im Werk II langsam hochgefahren mit einer Lizenzfertigung des DB 605 Flugmotors der Daimler Benz AG. Auf 544.487m² Gesamtfläche wurden 115.000m² durch Gebäude belegt.

Nicht ausgespart werden im Buch, das durch den kriegsbedingten Arbeitskräftemangel, nur mit vielen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, die in Lagern unmittelbar des Werkes im Murfeld untergebracht waren, der Betrieb aufrecht gehalten werden konnte. Als Teil der nationalsozialistischen Kriegsindustrie, war das Werk in Thondorf auch diversen Angriffen der alliierten Kriegsgegner ausgesetzt, bei der zum Teil große Schäden angerichtet und etliche Todesopfer zu beklagen waren.

 

Bild: Weishaupt Verlag

 

Nach der Gräuelherrschaft der Nazis mit Ende des Krieges im Mai 1945, wurde unter britischer Besatzung bereits ab Sommer 1945 im Einserwerk wieder mit der Produktion von u.a. Fahrrädern begonnen. Das Werk II wurde bis Juli 1947 von den britischen Besatzern als Reparaturwerkstätte genutzt und auch selbst betrieben. Im Auftrag der Bundes- bzw. Landesregierung wurde eine Reparaturwerkstätte für Schwerlastwagen in Thondorf eingerichtet. Durch eine Neustrukturierung der Steyr Daimler Puch AG (SDP AG), wurde Graz und ins besonders das Werk II für eine moderne Fahrrad- und Motorradproduktion vorgesehen, das durch zusätzliche Produktneuheit des Motorrollers ab 1952 wieder den Vollbetrieb aufnehmen konnte.

Dazu kam das Bestreben auch wieder ein Automobil im Konzern zu produzieren, der Wirtschaftsaufschwung ab Mitte der 50er Jahre machten diese Überlegungen zu einem fixen Plan. Ab 1949 startete die Lizenzfertigung von PKWs der Marke Fiat im Werk Steyr. Das Wirken als Generalimporteur der italienischen Marke, inklusive eigenem Vertriebs- und Servicenetz, wurde bis in die späten 90er Jahre aufrecht erhalten.

Im Grazer Werk wurden aber auch die Wünsche der Bevölkerung vom Motorrad auf das erste eigene Auto umzusteigen, als Chance gesehen um ein neues Geschäftsfeld zu bedienen. Erst wurde an eine vollständige Kleinwagen-Eigenentwicklung der Grazer Konstrukteure gedacht, mangels wirtschaftlicher Vertretbarkeit einer eigenen Karosseriefertigung, wich man auf den bereits vertrauten Geschäftspartner Fiat aus um gemeinsame Sache zu machen. Auf Basis des Fiat 500 entstand der Steyr Puch 500, Modell Fiat. Der speziell für dieses Fahrzeug entwickelte Zweizylinder-Boxermotor mit 500ccm³ mit 16PS wurde voll des Lobes von der Fachpresse versehen. Ab 29. September 1957 lief das erste Exemplar von der Bevölkerung liebevoll getaufte Pucherl oder auch Puchschammerl, vom Thondorfer Band. Darauf aufbauend folgten die Kombiversion Puch 700, sowie die scharfgemachten Versionen 650, 650T und 650TR, die im Motorsport in den kleinen Leistungsklassen lange Zeit brillierten und deren Höhepunkt der Gewinn der Rallye-Europameisterschaft der Gruppe 2 Tourenwagen 1966 durch den polnischen Piloten Sobieslaw Zasada.

Das österreichische Bundesheer suchte nach der Wiedererlangung der vollen Souveränität 1955, nach einem geländegängigen und allradgetriebenen, der Topographie des Landes angepassten Kleinwagen. Der staatsnahe SDP Konzern übernahm unter Einbeziehung des in Graz entwickelten Motors für den Puch 500 die Entwicklung, die im Steyr Puch Haflinger mündete, der ab 1958 im Werk II gemeinsam mit dem Pucherl vom selben Band lief. Damit wurde der Grundstein für die Entwicklung des Puchwerkes gelegt, als weltweit führendes Kompetenzzentrum für allradgetriebene Fahrzeuge. Der Haflinger erwies sich auch für andere Armeen als interessantes Objekt und wurde so zum gerne exportierten Multifunktionsallradler in alle Welt.

Aber auch auf den Wunsch nach einem größeren geländegängigen Fahrzeuge wurde in Graz gerne eingegangen und die Entwicklung eines solchen Fahrzeuges im Jahre 1964 begonnen. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Haflinger, wurde dessen Konzept verbessert und verfeinert. Die technischen Eckdaten des Steyr Puch Pinzgauer : Ein Vierzylinder-Reihenmotor über der Vorderachse, zwischen Fahrer und Beifahrer platziert, ein Zentralrohr-Fahrgestell sowie Einzelradaufhängung aller Räder (4×4 und 6×6), zuschaltbarer Allradantrieb, während der Fahrt schaltbare Verteiler- und Untersetzungsgetriebe. Der Serienanlauf erfolgte im Jahre 1971, der potentielle Kundenkreis war natürlich das Militär, aber auch für die zivile Nutzung war der Pinzgauer prädestiniert, für den Dienst bei Einsatzorganisationen wie Rettung und Feuerwehr, bzw. Im Bergbau.

War der Pinzgauer ein Bergfex für besondere Bedürfnisse, so wurden in Thondorf Überlegungen angestellt, auch einen geländegängigen PKW anzubieten. Gemeinsam mit Daimler-Benz wurde 1974 die Entwicklung des “G“ gestartet. Die Produktion wurde 1979 aufgenommen und bis dato noch nicht beeendet.

Neben dem Puch 500 und seinen Ablegern, dem Haflinger, Pinzgauer und dem G, lief parallel die Fertigung in der Zweiradsparte des Werk II. Fahrräder, Motorroller, Motorräder und ab 1954 liefen auch Mopeds vom Grazer Band. Heutige Klassiker wie die führerscheinfreien MV50, besser bekannt als “Stanglpuch“ oder “Postlermoped“, DS 50 oder das Puch Maxi waren jahrzehntelang Fixpunkte in der Produktion im Thondorfer Werk. Der Niedergang der Zweiradproduktion setzte Mitte der 70er Jahre ein, der Schlussstrich wurde 1987 mit der Schließung und dem Verkauf der Zweiradsparte nach Italien an Piaggio vollzogen.

Lust auf mehr bekommen? Interesse wie es mit dem Werk II nach der Schließung eines der Herzstücke des Werkes Thondorf weiterging und was Aston Martin, Mercedes Benz, Jeep, Chrysler, BMW, Treser, Audi, Volkswagen, Bitter, AMG, Bentley, Saab, Mini und ganz aktuell Jaguar zu tun hat? Dann sei dir das wundervolle Puch Buch von Erich Mayer wärmstens empfohlen. Gibt es direkt beim Weishaupt Verlag, im gut sortierten Buchhandel oder bei Amazon.

Erich Mayer
PUCH: Werk II – im Wandel der Zeit. Eine steirische Industriegeschichte
ISBN: 978-3-7059-0505-4
20,5 cm x 28,5 cm
288 Seiten
330 großteils farbige Abbildungen
Hardcover, geb.
Weishaupt Verlag

Transparenz: Dieser Beitrag wurde nicht bezahlt, das Rezensionsexemplar wurde vom Weisshaupt Verlag zur Verfügung gestellt.

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