Replica: Originalgetreuer Nachbau oder doch nur eine Parodie?

Neonbeleuchtung, pastellfarbene Kleidung, Espadrilles an den Beinen, im Hintergrund läuft „In the air tonight“ von Phil Collins, alles durch und durch vom Designer. Wir sind mitten drinnen in der 80er-Jahre Serie Miami Vice, Da biegt ein Ferrari Daytona Spider um die Ecke, am Steuer Sonny Crockett, am Beifahrersitz daneben Riccardo Tubbs – doch halt, der Ferrari ist nicht echt! Unter der schönen Hülle steckt kein fauchender italienischer V12, sondern ein amerikanischer V8 Big Block aus der Corvette, die Basis dieser Replica ist.

So schnell kann man einer Fälschung aufsitzen! Doch ist eine Replica eine Fälschung? Gehen wir dem ganzen auf den Grund und sehen wir uns die Geschichte der Replicas mal aus der Nähe an.

Wann und wo der erste Replica das Licht der Welt erblickte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Der wichtigste Grund eine Replica zu erschaffen, war wohl um kleines Geld ein unerreichbar teures zum Klassiker gereiftes Original, für die breite Masse um verhältnismäßig kleines Geld anzubieten. Dabei versuchte man, den Nachbau so weit wie möglich dem Original nachzuempfinden. Besonders bei der Karosserie wurde darauf geachtet, der allseits bekannten Automobilen Ikone so nahe wie möglich zu kommen. Beim Interieur wurden da die Ansprüche oft nicht so hoch angesetzt und man hat sich gerne auch mit günstigeren Lösungen zufriedengegeben. Neben fahrbereiten Fertigfahrzeugen, boten viele der Kitcar-Hersteller auch Bausätze an, die man mit etwas Geschick, reichlich Ausdauer und viel Motivation auch in der eigenen Garage aufbauen konnte. Bei der Technik gab es wohl die meisten Abstriche in der Originalität. Viele der Nachbauten von den größtenteils teuren Vorbildern bauten auf leicht verfügbaren Massenprodukten auf.

Der VW Käfer als Basis
Gerne wurde die VW-Käfer Bodenplatte samt luftgekühltem leistungsarmen Boxermotor hergenommen, um darauf einen Porsche Speedster, 356 Cabriolet oder Porsche 550 aufzubauen. Aber auch diverse Retrocars gab es auf Basis des Wolfsburger Krabbelgetiers.

 

Porsche 550 Replica

Porsche 550 Replica

 

Ledl
In Österreich gab es, unter anderem von Günter Ledl aus Tattendorf, verschiedene Replicas auf der Bodenplatte des Käfers, die optische Anleihen am Mercedes SSK, Bugatti 35 und Ford Model T nahmen und neben verschiedensten Buggys durchaus beachtliche Stückzahlen erreichten. Bei Ledl Tuning bekommt man nach wie vor Ersatzteile für die Kitcars auf Käferbasis, sowie den in kleiner Stückzahl gefertigten Ledl AS130 und AS160.

 

Ledl Bugatti 35B Replica

Ledl Bugatti 35B Replica

 

Tomaszo
Ein weitere österreichischer Produzent war Wilhelm Tomaszovits, der von 1977 bis 1993 in Achau (Niederösterreich) diverse Replicas auf der technischen Basis des Volkwagen Typ1 unter dem Markennamen Tomaszo anbot. Neben Buggys gab es Nachbildungen des Mercedes-Benz SSK, Porsche 550, Ferrari P4, Lotus Seven, der AC Cobra mit Ford Scorpio Motor, Ford GT40 mit 3Liter-V6 Motorisierung, MG TD, Ford V8 von 1934,  Lamborghini Countach und Porsche Speedster. Ein weiteres angebotenes Modell war der P35, der dem Alfa Romeo P3 nachempfunden war und den Alfa Romeo Alfetta als technische Basis nutzte. Siehe VÖZ

Pontiac Fiero bot viele Möglichkeiten
Ebenso wurde der in den USA weitverbreitete Pontiac Fiero mit Mittelmotor hergenommen, um diverse Ferrari-Replicas in GFK-Hülle zu erschaffen. Ideal war da natürlich der fahrbare Spaceframe mit den angeschraubten Kunststoffpaneelen, der mit wenig Aufwand auch andere Karosserievarianten möglich machte. Auf Basis des Fiero gab es eine breite Palette von Ferrarimodellen, die man sich für verhältnismäßig wenig Geld an den Stahl-Spaceframe tackern konnte: Vom F40 abwärts, waren F50, Testarossa, 328, 512 BB, 308, Enzo, F355, 348 und vermutlich noch weitere Modelle mit Vorbild aus Maranello käuflich erwerblich.

Beim recht kurz geratenen Fiero spießt es sich dann schon mal bei den Proportionen, die oft sehr abenteuerlich ausarten. Aber hey, billiger kann man keinen Möchtegern-Ferrari bewegen! Aber nicht nur Ferraris basierten am Fiero mit seinen serienmäßigen Vier- oder Sechszylindermotoren. Durchsucht man das weltweite Netz, findet man auch Ford GT40 und Lamborghini Countach auf dessen Basis. Für das mehr an Leistung wurden auch V8-Motoren in den engen Motorraum gepfercht.

 

 

Es gab aber auch einige Replicas, die nahezu perfekte Proportionen boten. Dazu fällt mir der Lamborghini Countach ein, den ich vor einigen Jahren in Bad Gleichenberg erspäht habe. Auch der Ferrari GTO Lookalike auf Basis eins Datsun 280Z, der von Edelweiß Customs veredelt und getunt wurde.

 

 

Nicht vergessen darf man die zahlreichen Cobras und Ford GT40, die man immer wieder auf den verschiedensten Messen und Klassikertreffen sieht. Da war der Nachbautenausstoß diverser Hersteller deutlich höher als es Originalfahrzeuge ab Werk gab.

Mercedes-Benz 300 SL Roadster
Mercedes-Benz war da deutlich humorloser und lies einige Replicas vom 300SL Flügeltürer gerichtlich beschlagnahmen und verschrotten. Der Mercedes 300 SL Roadster, der mir 2015 unterkam, war gottlob nicht im Visier der Fälschungsjäger.

 

 

Die erste Replica, die mir unterkam, war der Panther J72 in einem Autoquartett in meiner Volkschulzeit. Rein optisch lehnte sich der englische Roadster an den Jaguar SS100 aus den Dreißiger Jahren an, die Technik stammte vom Jaguar XJ

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1980 Panther J72

Bild: TTTNIS, Public domain, via Wikimedia Commons

 

So eine Replica ist nichts für introvertierte Zeitgenossen, kreuzt man damit auf einem Klassikertreffen auf, sorgt man damit automatisch für Gesprächsstoff. Nicht jeder hält sich mit seiner Meinung damit zurück, egal ob positiv oder negativ. Da braucht man als Besitzer einen breiten Buckel und viel Selbstbewusstsein, um sich mit breiter Brust den Interessierten zu stellen. Aber wie so oft gilt: Erlaubt ist, was gefällt! Und gefallen muss so eine Replica vor allem nur einem: Seinem Besitzer.

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