Toy Toy Toyooooota: Tercel 4WD 2.0

Wie oft war ich in meiner Kindheit auf diesem Areal am Grazer Stadtrand, denn hier war bis Dezember 2000 ein Großmarkt für Wiederverkäufer, den man nur als Gewerbetreibender mit Einkaufskarte betreten durfte. Mein Vater hatte einen dieser Türöffner, somit war dieses Paradies für mich sehr oft zugänglich. Neben Mode, Baumaterialien, diversen Haushaltsartikeln, einer Elektronikabteilung und Tonträgern, gab es auch eine riesige Spielwarenabteilung. Klar, war der erste Weg für mich immer dorthin, man musste ja sehen welche neuen Fahrzeuge es von SIKU, Matchbox und Majorette gab.

 

 

Da wanderte so manches Modell in 1/55 in den Einkaufswagen, das mit leuchtenden Augen zu Hause aus seiner Verpackung befreit wurde und dem schon gut bestückten Fuhrpark einverleibt wurde. Darunter war auch jener mintfärbige Toyota 4WD, wie der Toyota Tercel 4WD von Majorette abgekürzt bezeichnet wurde.

 

 

Ich hatte noch nicht diese Bindung an japanische Fahrzeuge wie jetzt, auch wenn mein Vater schon seinen ersten Mazda 626 mit großer Freude und Zufriedenheit bewegte. Auch gab es in der Nachbarschaft einen roten Tercel 4WD als regelmäßigen Gast, wenn das Lehrerehepaar samt Sohn, die Eltern und Schwiegereltern besuchte. Also hatte dieser grüne Kombi schon seine Daseinsberechtigung im maßstabsverkleinerten Fuhrpark in meinem Kinderzimmer.

 

 

Später, längst im Besitz eines Führerscheins und des eigenen ersten Japaners, ging es öfters am Wochenende zur besten Freundin der damaligen Herzensdame auf die Alm ins Obersteirische. Dort, am Arsch der Welt und am Fuße des Zirbitzkogels, wurde so manches Wochenende am Berg und im Wald verbracht. Neben dem Schwammerl suchen (Pilze für die Leser oberhalb des Weißwurstäquators), konnte man dort vorzüglich wandern und die Seele baumeln lassen. Kein Handyempfang, Wasser direkt aus dem Gebirgsbach, gekocht wurde am holzbefeuerten Tischherd. Heute zahlt man Unsummen für solch ein Entschleunigungswochenende, in jungen Jahren konnte man das noch nicht so schätzen wie heute.

 

 

Aber nicht nur im Sommer war die Almhütte mitten im Wald ein gerne mitbenutzter Erholungsort, auch im Winter wurde so manches Wochenende dort verbracht. Mit Ach und Krach schaffte man es mit Schneeketten am Fronttriebler über den Forstweg bis zur auf 1200 Metern Seehöhe gelegenen Hütte.

 

 

Dort wartete aber schon ein dunkelblauer Toyota Tercel 4WD mit Ketten an allen vier Reifen, der die Forstwege trotz reichlich Schnee zu einem Spielplatz für den machte, der ans Steuer durfte. Gerne erinnere ich mich an einen Silvestertag in den frühen Nullerjahren, den wir mittels stundenlangem Rodeln sehr unterhaltsam gestalteten. Sieben rank und schlanke junge Menschen, mit viel jugendlichem Leichtsinn, dazu ein paar Rodeln und lenkbare Bobs, passen perfekt in einen fünfsitzigen Kompaktkombi. Als Shuttlefahrzeug wurde im Tercel die ganze Truppe nach einigen Kilometern Rodelpartie, wieder an den Ausgangspunkt gebracht. Das ging so lange, bis die Zehen blau und die Backen rot waren. Ein hochprozentiger Jagatee und der eine oder andere Jägermeister halfen, um wieder Leben in die durchfrorenen Leiber zu bringen.

 

 

An solche Geschichten denke ich jedes Mal, wenn mir ein Toyota Tercel 4WD unterkommt. Wobei diese Sichtungen immer seltener werden, letztes Jahr gab es genau einen solchen Moment, da fuhr mich der weiße Kombi mit Schwarzblech wieder zurück in junge Jahre.

 

 

Das Jahr 2023 war noch jung, als mich aus weiter Ferne wieder die Seitenansicht eines wohlbekannten Kombis aus dem Alltagsverkehr riss. Genau von jenem Areal wo einst der Großmarkt war, wo ich einst den mintgrünen Majorette Tercel 4WD mit nach Hause nehmen durfte. Und auch die drei Kombis, die ich bereits 2015 dort gesichtet hatte, kamen mir wieder in den Sinn. Bei nächster Gelegenheit sollte ich mal wieder den Autohändler am Grazer Stadtrand aufsuchen, beziehungsweise seinen Hinterhof.

 

 

Da standen sie noch vereint, dieselben drei Toyota Tercel 4WD. Zwar umgeparkt und an den Rand des Areals verbannt, aber immer noch im Dreierpack stehen sie sich die Reifen auf den rostigen Stahlfelgen platt. Der Zeit der Zahn nagt deutlich an ihnen, ungeschützt von Wind und Wetter trotzen sie der Zeit und hoffen auf baldige Wiederinstandsetzung. Oder sind sie nur als Ersatzteillager gedacht, um ein oder mehrere Exemplare des Allradkombis am Leben zu erhalten? Wären sie für den Export vorgesehen gewesen, wären sie schon längst über das Mittelmeer auf den afrikanischen Kontinent geschippert worden, wie so viele Toyotas aus den 80er und 90er Jahren.

 

 

Ich werde auf alle Fälle in ein paar Jahren wieder vorbeisehen und gucken, was aus den drei Kombis geworden ist, die so viele positive Erinnerungen in mir wecken werden lassen.

 

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5 Responses

  1. Christoph Bittersohl sagt:

    Nette Geschichte – passt zum heutigen Sonntag morgen

  2. Benny sagt:

    Krass es gibt no Tercel 4WD gibt,gleich noch 3. Früher DAS Bauernmobil bei uns im Bregenzerwald, wenns koan Rost gäbe. Wurde dann nahtlos vom Octavia 1U Allrad abgelöst der bis heute Hardcore genutzt wird. Oder die erste Justy Generation. Hatte 2 Stück und viel Spass. Rost und das bei beiden die Pleul ins Freie wollten war wohl der Fahrweise geschuldet. Der 1.2 Super wollte Drehzahl…

  3. Micky sagt:

    Ja Benny, vereinzelt gibt es noch überlebende Tercel. Auch der Justy ist fast vollständig weg vom Fenster, wir hatten selbst einen. Auch da war der Rost sehr fleissig.

  4. Martin sagt:

    … Moment,… ganz weg vom Fenster sind die Justys noch nicht,… 🙂 Schöne Grüße aus Gams bei Hieflau

  5. Micky sagt:

    Schön, das deiner noch aktiv ist und noch die Straßen verschönert!

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