Vom täglichen Leben mit reifen Elchen
Auf der Recherche für einen ganz anders gelagerten Artikel stöbere ich auch gerne in meinem eigenen Blogarchiv. Da bin ich dann oft erstaunt was ich vor 2, 3 oder 8 Jahren getippt habe und lese ganz begeistert Blogbeiträge, als wenn sie jemand anders getippt hätte und nicht aus meiner Feder geflossen wären. Ich schweife ab, fällt mir gerade auf! Also auf jener Recherchetätigkeit fiel mir auf, das der eigene Fuhrpark, hier ein wenig zu kurz kommt, besonders Halvar mein großer mittelreifer Elch fällt da gerne durch den Rost.
So wird es Zeit, wieder mal einen Tatsachenbericht aus dem Alltagsleben der Volvo 960 II Limo nachzureichen, den der letzte datiert aus dem Februar 2017. Seitdem ist einiges an Wasser die Mur runtergeronnen, aber auch Halvar war nicht untätig und hat uns mit allerlei Sperenzchen auf Trab gehalten.
Saufen wie die Schweden
Nachdem sich Anjas Autosuche fast zu einer Neverending Story auswuchs, wurde Halvar tagein tagaus von ihr als Dailydriver bewegt. Dafür sind Autos auch gemacht, auch reife Volvos mit dicken Sechszylindern. Was sich im täglichen Stop and Go Verkehr quer durch Graz natürlich auch auf den so schon nicht unerheblichen Durst nach unverbleitem Sprit auswirkt. Aktuell liegt der Durchschnittsverbrauch bei 12,29 Litern, bei einer bisherigen Gesamtlaufleistung von 22.645 Kilometern. Da gibt es natürlich Ausreißer nach unten auf langen Autobahnstrecken von unter 10 Litern und nach oben bei 14,76 bei reinem Stadtverkehr und schwerem rechten Bein.
Präzise wie Germteig
Das 2017 getauschte Getriebe funktioniert, wenn auch unpräzise. Schnell schalten ist nicht, da benötigt es viel Feingefühl und langsame Schaltvorgänge. Irgendwie hat das zeitweise was vom rühren mit einem Kochlöffel in einer Schüssel mit Germteig (Hefe). Da wäre dann die eigentlich gewünschte Automatik die angenehmere Wahl gewesen, die auch dem gepflegten Cruiserfeeling dieses alten schwedischen Herren besser zu Gesicht stehen würde. Er hat zwar 170PS am Papier, aber auch 1500kg und die machen die träge Limousine nicht zum Sportler.
Seht die Signale!
Zu einem Problemkind hat sich der vordere rechte Blinker entwickelt: Kurz nach dem Kauf 2015 wurden die Frontblinker wegen etwas Trübung und Sprüngen innen gegen die optisch hübscheren US Teile getauscht. Der rechte wurde nach wenigen Monaten milchig und bekam einen Gelbstich, wurde aber anstandslos von Skandix getauscht. Nur war die Passung scheinbar nicht ideal, den er rutschte immer wieder mal aus seiner Halterung, da hat wohl ein Zulieferer geschludert. Reingedrückt und es war wieder für Wochen eine Ruhe, vorsichtshalber gehörte der Check des Blinkers zum Tagesprogramm vor der Inbetriebnahme. Bis er sich auf der Autobahn ohne Vorwarnung, dem Wind hingab und nie wieder gesehen ward und nur das Birnchen aus der leeren Höhle lugte. Skandix zeigte sich auch hier äußerst kulant und das Päckchen mit einem neuen Blinker ist auf dem Weg.
Tanz den Lambada
Eines Tages ging nach dem Start das Warnlicht der Lambdasonde nicht mehr aus. Da wird es dann Zeit sich mittels intensiver Recherchearbeit quer durch Foren und Webseiten sich mit der Problemstellung vertraut zu machen. Nachdem es zu dem Zeitpunkt Anjas Dailydriver war, hat sie sich mit der Materie vertraut gemacht. Das ausblinken des Fehlercodes hat sie gleich bravourös gemeistert, mit dem Ergebnis das die Lambdasonde defekt sei. Das besorgen einer neuen Sonde war meine Aufgabe, den Einbau hat Volvi übernommen. Was sich auch mittels geborgtem Spezialwerkzeugs als tricky erwies, da mussten trotzdem die Hosenrohre gelöst werden um annähernd die Sonde lösen zu können, die dort seit 24 Jahren festsaß. Das löschen des Fehlercodes war dann wieder Anjas Aufgabe, da Männer ja Gebrauchsanweisung nicht lesen müssen, bzw. nicht vollständig. Sagt einem ja keiner das man erst den Fehlercode auslesen muss und erst dann das löschen funktioniert.
Vom Bremsen und vom Kühlen
Im Zuge der Hebebühneokkupation wurden von Volvi auch gleich die vorderen Bremsbeläge getauscht und der schon beim Pickerl bemängelte linke Bremssattel gängig gemacht. Was nur von kurzer Wirkungsdauer war, da ist Ersatz nötig und bereits bestellt.
Auch ein leicht tropfender Kühler wurde beim Pickerlcheck ausfindig gemacht und so wurde an jenem Samstagvormittag im April auch noch der Kühler ausgetauscht, was sich trotz des vollgestopften Motorraumes als leicht lösbare Aufgabe herausstellte.
Seit dem Kauf war die Außentemperaturanzeige tagsüber ablesbar, nur nächtens mangels Beleuchtung nicht mehr. Durch einen gezielten Schlag auf die Armaturenabdeckung war die Hintergrundbeleuchtung ab und an zur Mitarbeit bereit. Seit geraumer Zeit funktioniert sie auch ständig ohne Gewalt oder deren Androhung. Würden sich nur alle Bauteile selbst reparieren wie die Temperaturanzeige…
Der Tempomat wäre so ein Fall, der sich wieder selbst heilen könnte, den der ist auch recht unschlüssig wann und ob er seine Arbeit aufnehmen soll, will oder kann. Das sind halt die Leiden eines 24 Jahre alten Fahrzeuges, mit denen man leben muss oder sich damit arrangieren sollte.
Denn damit sind noch nicht alle Baustellen des Halvar erledigt. Die Hinterachsgummis sollten bald mal getauscht werden, die vorderen Stoßdämpfer haben bessere Zeiten gesehen, im Grunde sind das alles Verschleißteile, die sich aber summieren. Hinter einem Schmutzfänger beginnt die braune Pest zu blühen. Da stellt sich dann immer die Frage, behalten oder ehe baldigst abstoßen?
Sitzt man dann aber im dicken Elche und hört das sanfte schnurren des Sechszylinders, schließt man die Scheiben und man ist abgekapselt von der Umwelt und hat dieses sichere behagliche Gefühl, das mir nur alte Volvos vermitteln können. Vor allem was kaufen stattdessen? Endlich den Kombi mit Automatik, den man eigentlich schon damals haben wollten, als stattdessen Halvar kam? Und wieder von vorne alles durch reparieren?
Irgendwie wäre auch so ein 240er Kombi was feines, so ganz ohne viel Schnick Schnack….Dieser Wunsch nach einem 240er liegt aber sicher nur daran, weil ich ich habe Knut wieder gesehen habe, da kamen wieder diese sentimentalen Gefühle hoch. Aber das wird eine andere Geschichte…
Gründer von Alltagsklassiker, mit großer Schwäche für gut gereifte japanische Fahrzeuge, Prospekte und Modellautos; Fotograf, Leseratte, bewegt Mazda MX-5 NA V-Special, Mazda 818 Sedan de Luxe, Puch Clubman und Puch Maxi L.